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PKK-Prozess in Hamburg eröffnet

In Hamburg ist der Prozess gegen den kurdischen Aktivisten Kenan Ayaz eröffnet worden. Das öffentliche Interesse an dem Verfahren ist groß, aus Zypern sind Prozessbeobachter angereist. Die Verteidigung legte den politischen Hintergrund dar.

Vor dem Oberlandesgericht Hamburg hat unter großem öffentlichen Interesse der Prozess gegen Kenan Ayaz (offizielle Schreibweise: Ayas) begonnen. Dem kurdischen Aktivisten wird eine mitgliedschaftliche Betätigung in der Arbeiterpartei Kurdistan (PKK) nach §§129a/b Strafgesetzbuch (StGB) vorgeworfen. Ayaz war im März 2023 am Flughafen Larnaka auf Zypern aufgrund eines vom Bundesgerichtshofs beantragten europäischen Haftbefehls festgenommen und Anfang Juni nach Deutschland ausgeliefert worden. Seitdem ist er unter verschärften Haftbedingungen im Hamburger Untersuchungsgefängnis Holstenglacis inhaftiert.

Solidarität mit Kenan Ayaz aus Zypern

Zum Prozessauftakt forderte das Solidaritätskomitee „Free Kenan“ auf einer Kundgebung vor dem Hamburger OLG die sofortige Freilassung von Kenan Ayaz. Der aus Zypern angereiste Parlamentsabgeordnete Giorgos Koukoumas (AKEL) wies in einer Rede auf den politischen Hintergrund des Verfahrens hin und sagte, dass Kenan Ayaz keinerlei Gewalttaten vorgeworfen werden. Der AKEL-Politiker berichtete von der großen Solidarität mit Ayaz und den Protesten gegen seine Auslieferung auf Zypern. Er forderte die Streichung der PKK von der EU-Liste terroristischer Organisationen und sprach dem Kampf des kurdischen Volkes um Würde seine volle Unterstützung aus.

Großes öffentliches Interesse

Die Verhandlung wurde von zahlreichen Medien-Vertreter:innen und Dutzenden weiteren Menschen beobachtet, darunter neben dem zyprischen Abgeordneten Koukoumas auch die Ko-Vorsitzende der Hamburger Linksfraktion, Cansu Özdemir, sowie die im deutschen Exil lebenden ehemaligen HDP-Abgeordneten Selma Irmak und Nihat Akdoğan. Längst nicht alle Interessierten wurden wegen Platzmangel in den Zuschauerraum gelassen, aufgrund der Fehlplanung des Gerichts bildeten sich Warteschlangen vor dem Gerichtssaal.

Kenan Ayaz mit stehendem Applaus begrüßt

Der Angeklagte zeigte beim Betreten des Verhandlungsraums das Victory-Zeichen und wurde von den Prozessbeobachter:innen mit stehendem Applaus begrüßt. Bei der Personalienfeststellung gab der in Midyad in der Provinz Mêrdîn (tr. Mardin) geborene Angeklagte an, dass die Schreibweise seines Nachnamens als „Ayas“ und sein Geburtsdatum (1. April 1974) bei den türkischen Behörden falsch registriert wurden. Seine Mutter habe ihm mitgeteilt, er sei erst 1975 geboren, erklärte Ayaz und nutzte die Gelegenheit, die zahlreich erschienenen Zuschauer:innen zu begrüßen.

Beiordnung von zweitem Pflichtverteidiger abgelehnt

Die Verteidigung von Kenan Ayaz forderte zu Prozessbeginn die Beiordnung eines zweiten Pflichtverteidigers. Rechtsanwältin Antonia von der Behrens machte bei ihrer Gegenvorstellung geltend, dass der Strafschutzsenat mit drei Richterinnen besetzt ist und die Anklage durch Oberstaatsanwalt Dr. Simon vom BGH und Staatsanwalt Wollert durch zwei Personen vertreten wird. Aufgrund des Umfangs der Verfahrensakte (44 Bände TKÜ und 56 Bände Strukturakte) sei eine effektive Verteidigung nicht von einer einzigen Rechtsanwältin zu bewerkstelligen. Die Vorsitzende Richterin Wende-Spors lehnte die Beiordnung des zweiten Verteidigers Stephan Kuhn ab. Zum Verteidigerteam gehört neben von der Behrens und Kuhn auch der zyprische Rechtsanwalt Efstathios C. Efstathiou.

Nicht wegen Gewalttaten angeklagt

In der Anklageschrift wird Kenan Ayaz keine Begehung einer Gewalttat unterstellt. Die Anklage beruht allein darauf, dass er im Auftrag der PKK zwischen 2018 und 2020 in Norddeutschland und Nordrhein-Westfalen mit einer Vielzahl von Personen kommuniziert und sich mit diesen getroffen hätte, von denen einige von deutschen Strafverfolgungsbehörden ebenfalls als Angehörige der PKK eingestuft werden. Außerdem soll er legale Demonstrationen und Kundgebungen organisiert und sich an Spendensammlungen beteiligt haben.

Politisch motiviertes Strafverfahren

Nach der Verlesung der Anklageschrift gab die Verteidigung eine ausführliche Eröffnungserklärung ab, in der der politische Charakter des Verfahrens verdeutlicht wurde. Der Angeklagte wird sich voraussichtlich am 13. November zu den politischen Vorwürfen gegen ihn äußern. Für den nächsten Verhandlungstag am 7. November sind zwei Zeugen geladen. Die weiteren Verhandlungen sind für den 16.11., 23.11., 24.11., 27.11., 30.11., 05.12., 07.12.,11.12., 14.12., 19.12., 20.12. und 21.12.2023 terminiert, Beginn ist jeweils um 9.30 Uhr.

Der Beitrag wurde zuerst auf ANF veröffentlicht.